„Das Ziel war, das Bild vom Ton zu trennen“, antwortete der schweizerisch-französische Filmkünstler Jean-Luc Godard auf die Frage eines Journalisten, der ihn im Rahmen der für die Filmfestspiele von Cannes ausgerichteten Pressekonferenz zu seinem aktuellen Film Le Livre dʹimage (Bildbuch, 2018) befragte. Der als Untertitel beibehaltene frühere Arbeitstitel „Image et parole“ deutet bereits daraufhin, das der als selbstverständlich hingenommene Zusammenhang von Bild und Sprache, der das audiovisuelle Medium Film charakterisiert, hier nicht mehr bedingungslos vorausgesetzt wird. Zur Disposition stehen die Wege der Übertragung und der wechselseitigen Durchdringung von Bild, Ton und Text. Allein der Titel des Films erscheint vor diesem Hintergrund besonders vielsagend, bezeichnet er doch eine transmediale Werkform, die zwischen geschriebenem Film und gefilmten Buch mäandert. Dabei greift Godard auf Überlegungen zurück, die er bereits fünfzig Jahre zuvor formuliert hatte.

Das Jahr 1968 markiert im Werk des Filmkünstlers eine einschneidende Demarkationslinie. Die politisch sich ankündigenden Umbrüche korrespondieren mit der Neujustierung seines Filmdenkens und der Suche nach einer alternativen Filmform. Noch bevor die Mai-Unruhen kulminierten, hatte Godard in seinem Film La Chinoise (1967) die Spannweite zwischen intellektuellem und gewalttätigem Widerstand anhand einer maoistischen Aktivistenzelle ausgelotet. Auch sein im darauffolgenden Jahr begonnener Film Le gai savoir (1969) gleicht einem Kammerspiel, das diesmal jedoch in eine ideologische Ausnüchterungszelle verlegt scheint. Beide Filme verhandeln, jeweils unterschiedlich, das Verhältnis von Bild und Sprache sowie Ästhetik und Ideologie. Während La Chinoise sich eher dem Wort als dem Bild verschreibt, das es nur richtig auszulegen gälte, setzt Le gai savoir auf eine neu angelegte Alphabetisierung, in der Bild und Sprache in ein dialektisches Verhältnis zueinander treten. Der nietzscheanische Nihilismus, der letzterem seinen Namen verlieh, dient als Ausgangspunkt zur Konfiguration einer Filmform, die zum Instrument bild- und sprachkritischer Reflexion gerät. Als Medium dieser wird fortan das Fernsehen auserkoren.

Nach einer Phase der Politisierung gründet Godard Anfang der siebziger Jahre zusammen mit Anne-Marie Miéville die Produktionsgesellschaft „Sonimage“, die sich schon von ihrem Namen her dem Verhältnis von Ton und Bild verschreibt. In diesem Zusammenhang ist insbesondere die Episode Photo et Cie bemerkenswert, die Godard und Miéville im Rahmen ihrer für das Fernsehen produzierten Videoserie Six fois deux [sur et sous la communication] (1976) geschaffen haben. Diese versteht sich als eine Metareflexion auf Massenmedien wie Fernsehen und Presse, die ihrerseits hinsichtlich ihres Bild- und Sprachgebrauchs analysiert werden. Der Vortrag wird sich diesen verschiedenen historischen Stationen widmen und von dort aus jeweils neu das Verhältnis von Bild und Sprache beleuchten.