[Ziyah Gafić: „… hat man einen gesehen, hat man alle gesehen“1]
In ihrem klaren formalen Aufbau und ihrer ästhetischen Verdichtung generieren die Fotografien der Serie Quest for Identity von Ziyah Gafić Empathie der Betrachtenden nicht über eine Schockwirkung. Sie lassen die Gräuel vielmehr im Nichtgezeigten, in dem Dazwischen, in der Imagination der Betrachtenden entstehen. Eine grundsätzliche Frage von Kriegsfotografie wird hier berührt: Wie viel Leid darf oder gar muss sie zeigen, um agitieren zu können. Der Fotograf, geboren 1980 in Sarajevo, zeigt diese Aufnahmen auch in Ausstellungen und bewegt sich so zwischen Gebrauchsfotografie und dem Kontext Kunst. Ihr ästhetischer Gehalt vermindert gleichwohl nicht ihre Wirkungsmacht. In ihrer verdichteten und zurückgenommenen Darstellung kann sich der Appell dieser Fotografien, die sich nicht zuletzt der Prinzipien des Seriellen bedienen, auf verschiedensten Ebenen umso eindringlicher entfalten. Gafić hat auch in anderen Konflikt- und Kriegsgebieten wie Palästina, Kurdistan, Ruanda oder Afghanistan fotografiert. Er richtet seinen Blick dabei stets auf die Folgen dieser Konflikte. Seine Erkenntnis: Es geht immer um Besitz, alle Kriege gleichen sich. Hat man einen Krieg gesehen, hat man alle gesehen.
1 Vgl. Ziyah Gafić: ‚Ziyah Gafić‘, in: The Calvert Journal, https://www.calvertjournal.com/features/show/7103/ziyah-gafic (letzter Zugriff am 10. März 2018).