Vor dem Hintergrund einer zunehmenden Kritik an den Funktions- und Wirkungsweisen der professionellen journalistischen Berichterstattung und einer sich verändernden Beziehung zu Bildern durch die Allgegenwart von Handykameras und die globale Vernetzung über soziale Medien geht dieser Beitrag der Frage nach, inwiefern sich der aktuelle Fotojournalismus mit den neuen sozialen Gebrauchsweisen des fotografischen Mediums auseinandersetzen muss, um auch zukünftig relevant und wirksam bleiben zu können. Dabei wird die These aufgestellt, dass das Prinzip der geteilten Erfahrung, der Fokus auf Subjektivität und der Dialog- und Netzwerkgedanke, welche die sozialen Medien auszeichnen, vielversprechende Anregungen für eine Erweiterung des Spektrums fotojournalistischen Erzählens bieten.
Ausgehend von einer Analyse des spezifischen Authentizitätsversprechens privater Handyfotografien in Geert van Kesterens Buch Baghdad Calling wird anhand Dona Abbouds Arbeit Out of Syria, Inside Facebook auf die Vorteile und Problematiken der Personalisierung in sozialen Netzwerken eingegangen. Die dort sichtbar werdende Notwendigkeit der Verifizierung und Interpretation von Amateurmaterial zeigt sich auch in den gegenwärtigen Praktiken, die bei der Einbeziehung von Handyfotos in den Nachrichtenkontext zum Einsatz kommen, und verdeutlicht die Relevanz erfahrener (Bild-)Autor*innen, die komplexe Realitäten aus verschiedenen Perspektiven beleuchten und die Vermittlung individueller Botschaften in den Fokus rücken.